für "neue Keramik"

große schale, weißer ton, glasuren, schablonentechnik, wachsreservage

.....Ganz anders Susanne Protzmann:

könnte man Andrea Herrmann ein zentrifugal über-bordendes künstlerisches Temperament attestieren, zeigt Susannes produktiver Impetus des letzten Dezenniums die zentripetale Pfeilrichtung nach innen. Thema ist je länger desto mehr systematisch erprobte, auf geradezu minimalistische Abstraktion reduzierte keramische Malerei, in der die Ittensche Koloristik mit ihren Kon-trasten aus komplementären Farbrichtungen und Intensi-täten sich konsequent und unabgelenkt entwickeln lässt.

Als steinzeitalte Leitgattung der Archäologie verbindet sich Keramik ja in unserer Vorstellung primär mit dem prometheischen Erdenkloß, aus dem sich das Gefäß und womöglich das leibliche Abbild der Gottheit formt. Der farbige „Abglanz" tritt als sekundäre Unselbstverständlichkeit ätherischer Natur erst hinzu, wo malerischer Impetus die Antriebsmotivation ist.

 

So hier: die Vielfalt aufbaukeramischer Formen, die in Wachsresevagetechnik hergestellten, farbkubistisch bemalten Teeschalen, die Gemälden gleichenden, doch als Gebrauchsgegenstände nur unverhältnismäßig billig verkaufbaren großen Teller - das alles schiebt Susanne entschlossen beiseite und malt auf dünnwandig gedrehte Schalen, Kannen und Becher aller Formate in langen Serien ihre fernher von orientalischen Teppichen, auch afrikanischen Textilien angeregten horizontalen Parallelstreifendekore auf hellen Grund, seltener auf schwarzen, der die Farbskalen zu intensivem Leuchten bringt.

 

schälchen, weißer ton, fayencetechnik

Primamalerei, die sie früh im Aquarell geübt hat, ist in Keramik nicht möglich: die mineralischen Stoffe sehen vor dem Brand „nach nichts" aus. Sie muss ihre Farbbeziehungen sicher im Kopf haben, den Farbauftrag „blind" vollziehen, wo der Komponist seine Klaviatur zur Kontrolle jedes Klangs zur Hand hat.
Bei aller minimalistischen Reduktion erweist sich die Variationsbreite als anscheinend unerschöpfliches Freiheitspotential. Ästhetik und Marktkalkül balancieren sich aus. Der Erfolg bestätigt beides.

 

 

Herbert Heinrich 2009

 

Auszug aus einem Text erschienen in "Neue Keramik" 05/2010